Massengrab in Tulsa: Hunderte Schwarze vom weißen Mob massakriert - WELT (2024)

Geschichte Massengrab entdeckt

In Tulsa wurden Hunderte Schwarze vom weißen Mob massakriert

Das Blutbad, das Weiße 1921 in der Stadt Tulsa anrichteten, gilt als eine der schwersten Attacken auf Schwarze in den USA. Jetzt haben Archäologen dort ein Massengrab gefunden, in dem Opfer verscharrt worden sein sollen.

| Lesedauer: 4 Minuten

Von Florian Stark

Das Massaker von Tulsa

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„Der Mann, der die Truhe trug, war sehr alt … Als er getroffen wurde – ohne Zweifel von einem Dutzend Kugeln –, ließ er seine Last fallen, schrie auf und fiel der Länge nach auf die gepflasterte Straße. Blut ergoss sich aus seinen zahlreichen Wunden und floss die Straße hinunter.“ Der Tod des Afroamerikaners, den der Anwalt Buck Colbert Franklin beschrieben hat, war beispielhaft für das, was sich am 31. Mai und 1. Juni 1921 in Tulsa (US-Bundesstaat Oklahoma) ereignete. Ein weißer Mob stob durch das von Schwarzen bewohnte Viertel Greenwood und massakrierte mehrere Hundert Schwarze.

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Einige von ihnen sollen in dem Massengrab verscharrt worden sein, das jetzt in Tulsa entdeckt worden ist. Darin lägen mindestens zehn Leichen, sagte Kary Stackelbeck, die zuständige Archäologin des Staates Oklahoma. Gefunden wurde das Massengrab auf einem Friedhof, auf dem nach den sterblichen Überresten des Massakers von Tulsa gesucht wird.

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Es sei noch zu früh, um zweifelsfrei sagen zu können, dass die entdeckten sterblichen Überreste von Opfern des Massakers von Tulsa seien, erklärte Stackelberg. Allerdings seien sie in einer Gegend namens „Original 18“ entdeckt worden, wo nach Zeugnissen von Bestattungsinstituten damals ermordete Menschen verscharrt worden sein sollen.

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Das Massaker von Tulsa gilt als eine der blutigsten Attacken auf Schwarze in der Geschichte der USA. Damals herrschte im amerikanischen Süden das System der sogenannten zweiten Sklaverei. Die Verfassung garantierte den Afroamerikanern zwar ihre persönliche Freiheit; Gesetze der Einzelstaaten und soziale Stigmatisierung aber sorgten dafür, dass sie nach wie vor gesellschaftlich und politisch diskriminiert wurden.

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Rassenunruhen in Tulsa 1921

Weißer Lynchmob bombardierte die Schwarzen mit Terpentinbällen

Das galt auch in Tulsa, das in den 1920ern zur „Erdölhauptstadt der Welt“ aufstieg. Zuvor hatte ein afroamerikanischer Unternehmer in der Stadt ein großes Areal erworben, auf dem der Stadtteil Greenwood entstand. Dies und die folgende Wirtschaftskonjunktur ließen seine Bewohner am Aufstieg der Stadt teilhaben, sodass bald das Wort von der „Black Wall Street“ die Runde machte. So viel Prosperität provozierte Neid und Hass der weißen Nachbarn.

Auslöser für das Blutbad im Mai 1921 wurde ein Zeitungsartikel, in dem von der versuchten Vergewaltigung einer 17-jährigen Weißen durch einen afroamerikanischen Jungen die Rede war. Umgehend rotteten sich mehrere Hundert Weiße vor dem Gefängnis zusammen. Andere strömten zu einem Waffendepot der Nationalgarde.

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In der Nacht eskalierte die Lage. Inzwischen waren mehrere Tausend Weiße auf den Beinen, denen sich vielleicht hundert Schwarze entgegenstellten. Beide Seiten waren bewaffnet. Schließlich löste sich ein Schuss, dann lagen einige Kombattanten tot auf dem Boden, und das Massaker begann.

„Grelle Flammen prasselten und spien und züngelten mit ihren gespaltenen Zungen durch die Luft. Rauch stieg in dicken, schwarzen Wolken in den Himmel, über alldem dröhnten noch immer Flugzeuge – jetzt waren es ein Dutzend oder mehr. Die Bordsteine waren bedeckt mit brennenden Terpentinbällen“, schrieb der afroamerikanische Anwalt Franklin. Die Flugzeuge sollen Greenwood regelrecht bombardiert haben.

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Sanitäter und Feuerwehren wurden vom marodierenden Mob gehindert, Hilfe zu leisten. Fehleinschätzung, mangelhafte Kommunikation und wohl auch Inkompetenz verhinderten, dass die Nationalgarde rechtzeitig in Marsch gesetzt wurde. Zwar ernannte der Sheriff mehrere Hundert Weiße zu Deputys, von denen sich aber einige den Marodeuren anschlossen. Die übrigen waren bestrebt, die Schwarzen, die ihr Eigentum zu schützen suchten, zu entwaffnen und in provisorische Lager zu treiben, während die Weißen weiterhin ihrem Zerstörungswerk nachgingen.

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Erst am Mittag des 1. Juni gelang es der Nationalgarde, die Lage zu beruhigen. Die genaue Zahl der Toten wurde nie ermittelt, Schätzungen gehen von etwa 300 aus. Etwa 8000 Afroamerikaner wurden obdachlos und in Lagern interniert. Viele verließen anschließend Greenwood, in dem das Rote Kreuz mehr als 1000 zerstörte und Hunderte geplünderte Häuser zählte.

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Kundgebung in Tulsa

Trumps Wahlkampfauftritt wird zur großen Blamage

Erst Mitte dieses Jahres war das Massaker von Tulsa wieder auf die Agenda der amerikanischen Politik gelangt. Ausgerechnet am 21. Juni hatte US-Präsident Donald Trump in dem Ort einen Wahlkampfauftritt abgehalten, was auf heftige Kritik nicht nur von Afroamerikanern gestoßen war. Denn in vielen US-Bundesstaaten wird der 21. Juni als Feiertag begangen, zur Erinnerung an den 21. Juni 1865. An dem Tag hatte der im Bürgerkrieg siegreiche Norden in Texas die Freiheit der schwarzen Sklaven proklamiert.

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