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Danke erstmal für den sachlichen Beitrag.

Eines vorweg - ich glaube nicht, dass es das eine Patentrezept gibt.

Das glaube ich auch nicht.

> Aber meines Erachtens begann der Aufstieg der #fckafd mit dem Gefühl des Kontrollverlustes bezüglich der Migration. Vorher waren die nämlich politisch tot.

Ich nehme mal, du taxierst den gefühlten Kontrollverlust auf 2015 und rein auf Deutschland. Die AfD gibt es erst seit 2013, vor 2013 waren sie also definitiv politisch Tod, bzw. «ungeboren». Das Austesten von rechtsradikaler Politik als "Pop-Kultur" mit Hilfe von Desinformation sowie die ersten erfolgreichen Versuche die libertäre Strömung des Rechtsradikalismus wieder stärker mit einzubeziehen und darüber Anschlüsse zu generieren liegt zwar im deutschsprachigen Raum, wurden aber von Haider und Blocher (erfolgreich) in Österreich und der Schweiz durchgeführt, nicht in Deutschland. Damals haben Sozialforscher noch gesagt, dass wir locker das Potenzial von 20 % Rechtsradikalen haben und wir aufpassen müssen, dass die sich nicht organisieren. Genau das ist passiert. Die AfD ist ein Produkt davon. Blocher ist bis heute der Finanzier der mittlerweile grössten Schweizer Partei.

Auch für Deutschland würde ich den Aufstieg der Afd bereits vor die Zeit ihrer Gründung legen. Als Sarrazin 2010 sein "Buch" rausbrachte war das hier der Startschuss. 3 Jahre später wurde die AfD gegründet. Deren Katalysator war sicherlich 2015, da bin ich bei dir.

Das zeigt uns auch, dass sie immer profitieren, wenn viel über Flüchtlinge und Ausländerkriminalität diskutiert wird (man könnte auch sagen: Ständig dieses Thema mit negativem Spin eingebracht wird, obwohl es objektiv drastisch grössere Probleme gibt) und - wie du sagst - das Gefühl des Kontrollverlustes vorherrscht (dafür muss übrigens kein echter Kontrollverlust sein, nur das Gefühl muss ausgelöst werden). Das war 2015 so, 2018 bei dem Seehofer / Merkel Beef wegen 3 Flüchtlingen an der bayrischen Grenze und in den letzten beiden Jahren. Auch 2018 kam die Afd in Umfragen bereits auf 20 %, falls sich wer erinnert. Da war die ach so grüne Regierungspolitik noch nicht schuld, weil noch nicht existent, auch wenn das bei den Diskussionen heute gerne "vergessen" wird. Dass wichtigste Datum für den Aufstieg des Rechtspopulismus in der westlichen Welt ist aber vermutlich der 11. September.

> Und es ist ein Problem, wenn man ständig äußert "Wir haben Platz", wenn es in den Kommunen vor Ort ganz anders aussieht. Wenn die Aufnahmelager voll sind, wenn Sporthallen und anderes zu Unterkünften umgewidmet werden. Die Leute fühlen sich dann verarscht.

Ich verstehe den Punkt nicht ganz. Warum fühlen die Leute sich verarscht? Weil Sporthallen zu Flüchtlingsunterkünften werden und es dann für sie keine Kapazitäten mehr gibt? Was wäre die Alternative? Wann würden sie sich nicht verarscht fühlen? Oder meinst du, es liegt an der Kommunikation?

> Und es ist natürlich alles maximal unehrlich. Das war die Migrationspolitik von Anfang an.

Auch hier bist du wieder etwas kryptisch. Wann war der Anfang von Migrationspolitik, von wem und was genau war daran "maximal unehrlich"? Sind am Ende die Mesopotamier Schuld?

Dublin war dazu gedacht, dass Griechenland, Spanien und Italien quasi die Last alleine tragen.
Wenn man es nur als Last sieht, war es natürlich von Anfang an falsch und extrem unfair gegenüber diesen Ländern. Somit auch nur logisch, dass es nicht langfristig funktioniert.

Man hat nur nicht damit gerechnet, dass die dann einfach die Leute in Züge setzen und die dann in Deutschland auflaufen.

Die Leute sind einfach in die Züge gestiegen, niemand hat sie hinein gesetzt. Das ist schon eine ziemlich üble falsche Suggestion, die übelst Politikverdrossenheit generiert. Falls ich mich täusche und es doch einzelne Politiker versucht haben, würde ich vermuten, dass es PR Aktionen von rechten Politikern waren. Zu genau dem Zweck.


> Jede Nachricht über Einzelfälle, Messerangriffe, etc. ist das weiteres Wasser auf die Mühlen der Nazis.

Genau deswegen wäre es ja sinnvoll, nicht jedes Mal, wenn ein Türke (heute in der Öffentlichkeit: Muslim) eine Straftat begeht, 27'000 Onlineartikel bei Facebook, Twitter, Nius, Faz, Welt und co. darüber bringen oder den Presseclub und Hart aber Fair x-mal (am besten mit Nazis) darüber diskutieren zu lassen, ob Kriminalität nun eine Frage der Herkunft ist (Spoiler again: Nein).

Auch die Tatsache, dass heute in unseren Median quasi nur noch die Nationalität der Täter genannt wird, wenn sie nicht deutsch sind, hat in dieser Hinsicht katastrophale Effekte. Denn es bestätigt in den Augen der Menschen nur die gestreuten Vorurteile. Dabei ist das aus soziologischer Sicht natürlich alles normales, menschliches Verhalten, welches in allen Kulturen langfristig ziemlich gleichverteilt vorkommt.

Und nein, es geht nicht darum, so etwas Tod zu schweigen, sondern die Realität abzubilden. Und nicht möglichst emotionalisierendes, dass zu Klicks führt.

> Gleiches gilt für das Ergebnis der Jungwähler.

Soziologen haben schon vor Jahren vorhergesagt, dass es so kommen wird. Junge Wählerbewegungen sind fast immer nachlaufende Faktoren. Wenn sich die Alten in einer Gesellschaft - ganz besonders in einer, wo sie so dominant sind wie in unserer - stark in eine Richtung bewegen, folgen die Jungen (besonders die sehr Jungen) einige Jahre später

Auch die bekommen die Probleme der ungeregelten Migration mit. Zusammenrotten größerer Gruppen von Migranten an öffentlichen Plätzen (Jungfernstieg, anyone?), die sind viel mit Bus und Bahn unterwegs und bekommen auch da einiges mit.

Das hängt sehr davon ab, wo sie leben. Was im Bus abgeht, bekommen Jugendliche auf dem Land höchstens im Schulbus mit, ansonsten gibt es dort (in Deutschland, in anderen Ländern ist das anders) keinen Bus und Bahn. In den Städten: Was sie dort tatsächlich sehen, sind Probleme mit gewalttätigen Jungen Männern. Da sie aber gelernt haben, dass der Grund für deren Gewalt «schwarze Haare» sind und nicht «junge Männer», wird das rassistische Vorurteil bestätigt. Wenn Hasan morgen in der Innenstadt gegen eine Mülltonne tritt, sagen die meisten «oh man, diese aggressiven Südländer wieder!» Falls es ein Video davon gibt, geht es morgen viral. Wenn ich das gleiche tue, fragen mich die meisten Leute, ob alles ok ist und es mir gut geht.

Ansonsten sorgt so etwas wie deine Sprache bereits dafür, dass sie die Vorurteile lernen. «Zusammenrotten» ist sowohl abwertend als auch schon fast entmenschlichend, dass würdest du niemals bringen, wenn dort 10 deutsche auf dem Marktplatz stehen. Dann noch von «Migranten» an öffentlichen Plätzen». Puh. Erstmal herrscht in Deutschland Versammlungsfreiheit. Jeder darf sich mit jedem an allen öffentlichen Plätzen treffen (ausser Klimaschützer in Bayern, NRW und Hessen, für die gelten strengere Regeln).

Und es wirkt stark so, dass du anstatt «grössere Gruppen von Migranten» «grössere Gruppen von Nicht-Weissen» meinst. Ob diese dann Migranten sind oder nicht ist ja nicht zu sehen und vermutlich würdest du dich auch gestört fühlen wenn sie hier geboren sind, aber nicht weiss, oder? Zudem bleibt zu vermuten, dass du viele Migrantengruppen gar nicht erkennen würdest. Wenn 7 Dänen an der Alster abhängen, stört dich das nicht, oder?

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